1877 FIDEIKOMMISS – Arbeitgeber

Mit ihrer Forst- und Almwirtschaft, mit der Brauerei und ihrer Verwaltung wurden die Cramer-Kletts zum größten Arbeitgeber in Aschau i.Chiemgau

Die Rolle der Familie Cramer-Klett als Arbeitgeber und Wirtschaftsmotor in Aschau.
Mit ihrer Forst- und Almwirtschaft, der eigenen Brauerei und einer gut organisierten Verwaltung wurden die Cramer-Kletts zum größten Arbeitgeber in Aschau im Chiemgau.
Bereits 1876 erhielt Theodor von Cramer-Klett sen. die Freiherrenwürde, und 1877 wurde die Errichtung des Fideikommisses Aschau öffentlich gemacht. Voraussetzungen hierfür waren ein erblicher Adelstitel sowie Größe und wirtschaftliche Bedeutung des Besitzes. Der Begriff Fideikommiss bedeutet „dem Glauben anvertraut“. Diese Rechtsform stellte sicher, dass das Familienvermögen aus Grundbesitz und Immobilien ungeteilt in der Hand eines Familienmitgliedes blieb, meist des ältesten männlichen Nachkommen. Der jeweilige Besitzer durfte das Vermögen nutzen, es aber weder verkaufen noch wesentlich verändern.
Seit Mitte des 19. Jahrhunderts bedurfte die Errichtung eines Fideikommisses der ausdrücklichen Genehmigung des Bayerischen Königs. Die Weimarer Reichsverfassung von August 1919 verfügte die Abschaffung der Fideikommisse und untersagte Neugründungen. Endgültig aufgehoben wurden die Fideikommisse per Gesetz im Jahr 1938 und in reguläres Privateigentum umgewandelt. Aus dem Aschauer Eigentum wurde dann auch verkauft: 1932 Grundbesitz und 1942,  unter Ludwig Benedikt von Cramer-Klett (1906–1985), das Schloss an die damalige Reichskriegsmarine.
Bereits 1875 begann Theodor von Cramer-Klett sen. unmittelbar nach dem Erwerb von Aschau mit der wirtschaftlichen Neuorganisation des Besitzes. Er entwickelte detaillierte Wirtschaftspläne für ein „Mustergut“ mit umfangreichem Wald- und Bergbesitz. Dabei wurde er von August Ganghofer (1827–1900), dem Leiter des bayerischen Forstwesens und Vater des Schriftstellers Ludwig Ganghofer (1855–1920), beraten. Diese historischen Wirtschaftspläne sind bis heute erhalten geblieben.
Cramer-Klett sen. stellte für die Verwaltung qualifiziertes Personal ein und bot attraktive Arbeitsbedingungen mit guter Bezahlung, Unfall- und Lebensversicherung sowie Bonuszahlungen. Dadurch gelang es ihm, gut ausgebildete ehemalige staatliche Beamte langfristig an das Haus Cramer-Klett zu binden. Dies schuf die Grundlage für einen gegenüber der Familie loyalen „Beamtenstand“ in Aschau.
In der Folgezeit entstanden zahlreiche neue Arbeitsplätze, etwa im Forstwesen, durch rege Bautätigkeit zur Schaffung von Wohn-, Wirtschafts- und Verwaltungsgebäuden sowie durch den Bau der Bahnstrecke Prien–Aschau. Auch der beginnende Tourismus sowie die Erschließung der umliegenden Bergwelt durch gezielten Wegebau trugen erheblich zur wirtschaftlichen Entwicklung bei. Weitere Beschäftigungsmöglichkeiten boten die hauseigene Brauerei und die Bewirtschaftung von Schloss Hohenaschau. Der Verlust von Arbeitsplätzen durch die Schließung der unwirtschaftlich gewordenen Eisenverarbeitung im Hammerwerk wurde so kompensiert. Für die Einwohner Aschaus und des gesamten Prientals bot die Familie Cramer-Klett in dieser Zeit langfristig eine stabile Zukunftsperspektive in der ländlichen Region.

Fideikommiss
Gebundener Wirtschaftsplan 1879, Privat-Archiv Cramer-Klett
Auszug aus Wirtschaftsplan 1879-1890, Privat-Archiv Cramer-Klett

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